Portugal: Delfine als Beifang im Fischernetz

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Tote Delfine am Strand von Portugal
Tote Delfine am Strand von Portugal

Delfine als Beifang im Fischernetz – das war es, was uns an diesem traurigen Tag in Portugal beschäftigte. Im nördlichen Portugal bei Torreira wurden wir das erste Mal Zeuge, was passiert, wenn sich Delfine in einem Fischernetz verfangen. Es waren nicht nur wenige Delfine, sondern eine ganze Herde Delfine von circa zehn Stück, die sich in einem Fischernetz verfangen hatte. 

Eine Herde Delfine als Beifang im Fischernetz kämpft ums Überleben

Wie so oft machten wir uns morgens nach dem Frühstück auf den Weg zum Strand, denn wir wussten, dass die lokalen Fischer bald ihre Netze einziehen würden, die wir am Abend zuvor am Strand gesehen hatten. Als wir ankamen, hatten wir Glück, denn die Fischernetze waren noch weit draußen und die Fischer begannen scheinbar erst vor Kurzem, die Netze durch kilometerlange Seile einzuziehen. 

Portugals Fischerboote und die Tradition Arte Xávega

In Portugal, vor allem im nördlichen Teil, stehen immer wieder Fischerboote direkt am Strand, auf dem Sand. Diese fahren morgens und nachmittags ihre kilometerlangen Netze unweit der Küste aus. Später werden die Netze dann mit extra dafür präparierten Traktoren wieder langsam an die Küste gezogen. Dabei wird alles rausgezogen, was sich verfängt. Diese Fangmethode nennt man in Portugal auch „Arte Xávega“ und ist mit Portugal tiefverwurzelt. Bei dieser Fangmethode gehen leider immer wieder Delfine und andere Tiere wie Schildkröten und Wale ins Netz, wie wir erfahren haben.

An diesem Tag war der Beifang von besonderem Ausmaß. Wir erkannten bereits vom Strand aus, dass sich in der Schlinge eine ganze Herde Delfine tummelte und mit jedem Meter, den die Traktoren das Netz aus dem Meer zogen, weiter eingeschlossen wurde. Verzweifelt suchten die hilflosen Säugetiere nach einem Ausweg aus der Falle. Dabei wurden sie von Delfinen, die außerhalb des Netzes waren, begleitetet. Die freien Delfine versuchten den eingesperrten allem Anschein nach auch zu helfen, was natürlich aussichtslos war. Das Netz kam Sekunde um Sekunde der Küste immer näher und wurde immer enger gezogen. Man konnte sehen, dass die Delfine total in Panik waren und ums Überleben kämpften.

Meine Freude, seit Langem mal wieder Delfine zu sehen, verblasste blitzartig. Mir dämmerte, dass sich hier gleich ein Drama abspielen würde, wenn die Netze an Land gezogen würden. Wir verstanden nicht, warum man die Netze überhaupt weiter einzog und nicht stattdessen versuchte, die Delfine umgehend noch im Meer aus dem Fischernetz zu befreien. Da die Fischer und wir nicht dieselbe Sprache sprachen, erhielten wir darauf leider auch keine Antwort. Wir konnten ihnen also nur vertrauen.

Delfine ins Wasser ziehen, jede Sekunde zählt

Kaum waren die Netze an den Strand gezogen, konnte man das typische Pfeifen und die schrillen Töne der Delfine hören, die in Panik um sich schlugen. Die Fischer öffneten sofort die Netze und versuchten, einen Delfin nach dem anderen aus den Netzen zu befreien. Sie zogen sie in die Wellen und weiter ins tiefere Wasser, dabei bluteten einige Delfine und waren sichtlich verletzt.

 

In dem Chaos und der Panik schwammen einige Delfine wieder an die Küste. Dadurch dass es so viele Delfine waren, waren die Fischer definitiv überfordert mit der ganzen Situation und kamen mit dem Retten der Delfine nicht mehr hinterher. Eine Situation, die die Fischer durch das Nicht-Loslassen der Netze selbst herbeigeführt hatten, endete im Schlamassel und toten Delfinen.

Es war schlimm anzusehen, was den Delfinen widerfahren ist. Als alle Delfine über den Sandboden zurück ins Meer gezogen waren, konnte man gut erkennen, dass einige der Tiere auch zurück im Ozean weiter ums Überleben kämpften.

Ein Delfin starb kurz darauf, ein anderer einige Minuten später. Einer der beiden wurde dann mit einem Traktor zügig abtransportiert, damit nicht zu viele Touristen Wind davon bekamen. Was mit den weiteren Tieren passierte, wissen wir nicht. Wir konnten nur sehen, dass ein anderer Delfin wenig später vor der Küste herumtrieb. Wir schauten diesem noch lange hinterher in der Hoffnung, dass er sich aufrappeln würde, aber leider war es zu spät. Wie es dem Rest der Tiere ergangen ist, kann man nur erahnen, denn wie wir später recherchierten, sterben viele der Tiere, die als Beifang in einem Fischernetz landen, im Nachhinein an dem Schock beziehungsweise den Verletzungen.

Sardinen, Katzenhaien und Rochen ergeht es nicht besser

Der Hauptanteil des Fanges sollte bei diesem lokalen Fischereibetrieb eigentlich aus Sardinen, einigen Katzenhaien, einigen Tintenfischen, kleineren und größeren Rochen sowie Makrelen und Krabben bestehen. Sobald das Netz an Land gezogen wird, kommen die Mitarbeiter mit Kisten und sortieren direkt am Strand die Fische in die vorgesehenen Kisten ein, stapeln diese und bereiten diese für den Weiterverkauf vor. Einige Fische werden auch bereits direkt vor Ort verkauft. Delfine sind nicht Teil des Fangs, der verkauft werden soll – sie gingen an diesem Morgen tragischerweise als Beifang ins Netz.

Katzenheie im Fischernetz Portugal

Wenn man es vorher noch nie gesehen hat beziehungsweise sensibel ist, wirkt die Fangmethode mit den Netzen nahezu barbarisch und das ist sie sicherlich auch, da das Tierwohl in jedem Fall der Profitorientierung untergeordnet wird.

Als Beispiel konnten wir beobachten, dass Katzenhaie am Schwanz genommen und mit voller Wucht auf den Boden geklatscht wurden, bis sie tot waren. Krabben wurden von den Netzen einfach abgeschüttelt und zerquetscht. Andere Fische, für die keine Verwendung vorgesehen war, wurden aus den Netzen geworfen und erstickten qualvoll am Strand. Rochen, die sich in den Netzen verfingen, wurden bei lebendigem Leib durch die kleinen Ritze der Netze gequetscht und und und …

Die meisten weggeworfenen Meerestiere werden von den tausenden Möwen direkt am Strand im Fressrausch verspeist. In den Netzen überlebt keiner. Man bemerke, dass das, was wir an diesem Morgen beobachteten, kein einmaliges Ereignis war, sondern tagtäglich ein bis zweimal praktiziert wird und das von hunderten Fischern entlang der Küste Portugals. 

Dabei ist es erschreckend zu sehen, mit welcher Respektlosigkeit wir die Meerestiere behandeln, damit wir unsere Sardinen und andere Fische auf dem Tisch haben. 

Sardinen in Portugal

An der Stelle nur die Fischer zu beschuldigen, wäre zu einfach. Natürlich hätten sie anders vorgehen können, anders vorgehen müssen. Doch die tatsächlich Schuldigen sind wir selbst, die Konsumenten wie du und und ich – die glauben, dass unsere Versorgung mit dem Proteinlieferanten Fisch aus dem Supermarkt nicht auf Kosten der Meerestiere geht. Wer sich das nächste Mal eine Dose Sardinen oder eine Dose Thunfisch aufmacht, der sollte wissen, dass dafür mitunter viele Delfine, Wale und andere Tiere nutzlos sterben mussten, die es, wenn wir so weiter machen, bald in unseren Meeren nicht mehr geben wird. Man wird definitiv zum Täter und hilft dabei, solche schönen Tiere auszurotten, wenn man Fisch aus dem Supermarkt beziehungsweise von Fischern, die mit großen Netzen angeln, isst.

Delfine sind leider nicht die einzigen Tiere, die Opfer der kommerziellen Fischerei werden, sondern auch andere Tiere, die als Beifang im Netz landen.

Fazit zu toten Delfinen als Beifang

Die Situation hat uns definitiv wieder aufgerüttelt, denn wir haben leider mit der Zeit ebenfalls wieder nachgelassen, uns um die Umwelt und Natur zu sorgen. Im Alltagstrott ging in der letzten Zeit leider vieles unter, auch die wichtigen Dinge. Es zeigte uns wieder einmal, dass keine Sekunde vergeht, in der es nicht schlimm um unsere Umwelt und Natur steht.

Jeder von uns kann dabei etwas tun. Hört auf, Fisch aus den Supermärkten zu essen, geht selbst angeln oder fahrt zu einer Fischfarm, wenn ihr Fisch wollt. Prüft ganz genau, wie der Fisch gefangen wurde. Vertraut nicht auf irgendwelche Siegel auf den Verpackungen, vieles ist Betrug. Klärt eure Familie, Freunde und Verwandten auf, habt keine Angst vor dummen Kommentaren, bleibt einfach dran. Schließlich muss es am Ende jeder selbst mit seinem eigenen Gewissen vereinbaren, was er kauft und verzehrt. 

Tote Delfine als Beifang
Tote Delfine als Beifang

Unterstützt Organisationen, die sich für den Schutz der Meerestiere einsetzen, wie zum Beispiel „Sea Shepherd“, die für unsere Unterwassertierwelt kämpft und die Helfer nicht selten ihr Leben riskieren. Hier ist ein Link dazu: https://sea-shepherd.de/

Delfine sind die einzigen Tiere auf der Welt, die das menschliche Leben wertschätzen!

Update: Wir haben uns mit der Naturschutzorganisation „Sea Shepherd“ in Portugal in Verbindung gesetzt, die uns mit weiteren Informationen weitergeholfen hat. Anscheinend ist es so, dass diese traditionelle Fangmethode „Arte Xávega“ in der portugiesischen Bevölkerung stark akzeptiert ist und der Tod der Delfine, Schildkröten oder Schweinswale, die bereits hier fast ausgerottet wurden, in Kauf genommen wird. Es ist ein sensibles Thema in Portugal. Dennoch ist es schrecklich zu hören, welche Gräueltaten man Tieren im Namen der Tradition zufügt.

Zitat von Sea-Shepherd: Normalerweise ist der Gemeine Delfin (Delphinus delphis) die Art mit der höchsten Fangrate (im Allgemeinen) und der höchsten Sterblichkeitsrate in Portugal, aber daneben gehören auch andere Arten wie der Große Tümmler (Tursiops truncatus), der Schweinswal (Phocoena phocoena) – der in Portugal fast ausgestorben ist,  die Schildkröte (Caretta caretta) und die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) zu den Beifängen dieser Fangtechnik.

Dabei haben wir auch erfahren, dass die Fischer, die wir gefilmt haben, alles falsch gemacht haben, was man nur falsch machen kann. Die Delfine dürfen nicht an den Flossen oder dem Schwanz ins Wasser gezogen werden, sondern müssen sanft von einigen Personen ins Wasser getragen werden. Die Fischer hätte auch die https://www.icnf.pt/ verständigen müssen, die für solche Situationen ausgebildet sind. Leider wird das aufgrund fehlender Kontrollen und Ressourcen kaum praktiziert. Es fehlt leider an Transparenz und Überwachung in der Fischindustrie, wie überall auf der Welt.

Das Schlimmste dabei ist, dass 90% der Delfine im Nachhinein dennoch sterben. Im Jahr 2017 haben sich zum Beispiel 100 Delfine in so einem Netz verfangen, davon sind 77 Delfine gestorben. Kann man das wirklich für einige Dosen Sardinen in Kauf nehmen?

Wer sich das Ganze mal anschauen möchte, der kann hier klicken und über Youtube die Fangart und deren Konsequenzen für Delfine anschauen: Arte Xávega golfinhos

Wie immer freuen wir uns auf eure Kommentare und wie ihr zu dem Thema steht bzw. ob ihr schon aktiv geworden seid.

 

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