Die unendlichen Weiten der Nullarbor Ebene haben wir hinter uns gelassen und standen in Norseman an einer Kreuzung. Vor uns blickten wir auf einen Wegweiser mit nur zwei Pfeilen. Der eine Pfeil zeigte nach links in Richtung Esperance und der andere nach rechts in Richtung Kalgoorlie. Wir hatten die Qual der Wahl, in welche Richtung wir unseren Road Trip fortsetzen sollten, denn beide Strecken hatten ihren Reiz und hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die Strecke durch Esperance führte entlang des Ozeans an schimmernden Stränden, kuriosen Felsformationen, grünen Regenwäldern und Weingebieten vorbei.
Dabei durchfuhr man neben Esperance, das seinerseits wunderschöne und menschenleere Sandstrände vorwies und einen Ausblick auf einen Teil der 105 Inseln aus dem Recherche Archipel bot, auch weitere Orte wie zum Beispiel Albany, das einst die erste Strafkolonie Westaustraliens beherbergte und sich inzwischen zu der drittgrößten Stadt Westaustraliens entwickelt hatte oder Orte wie Margaret-River, das einem Regenwälder, große Weingebiete und tolle Surfstrände bot.
Die andere Richtung führte nach Norden ins Outback und lag weit weg von grünen Regenwäldern und weißen Sandstränden entfernt. Die einzige größere Stadt, die sich im Norden befand, war die Goldgräberstadt Kalgoorlie, die anscheinend außer roten Sand auf der Karte nicht viel zu bieten hatte. Dennoch fiel unsere Entscheidung auf Kalgoorlie. Es war entweder der Reiz des Goldrauschs oder weil einer von uns selbst in einer Goldgräberstadt geboren war und es einen unterbewusst lockte. Wir machten uns auf den Weg und bogen an der Kreuzung rechts ab.
Nach einigen Kilometern holte uns das gewohnte Bild des vorderen Outback wieder ein und präsentierte uns entlang der Strecke sowohl rechts als auch links nichts als roten Sand und in Abständen hier und da einige kleine Waldinseln und ausgetrocknete Seen. Nur ab und zu wurde die Szenerie durch ein Warnschild, mit dem Hinweis, dass Kamele den Weg kreuzen könnten, gestört. Ansonsten ging es Kilometer für Kilometer durch die Mars ähnliche Landschaft weiter.
Irgendwann tauchten vereinzelt aufgeschüttete Sandhügel auf, die nur von Menschen stammen konnten. Es waren die Überbleibsel von Goldgrabungen, nachdem man die Erde danach durchsucht hatte. Je weiter wir Richtung Kalgoorlie fuhren, desto häufiger sahen wir diese Hügel, die sich über das ganze Gebiet verstreuten. Es wurde uns bewusst, welches Ausmaß der Goldrausch hier hatte.
Die herzliche Frau an der Tankstelle
Nach der langen Fahrt waren wir ausgelaugt und eine Dusche wäre uns mehr als willkommen gewesen, um den Staub und den Sand, der sich mittlerweile in Haut und Haar festgesetzt hatte, rauszuwaschen. Im Normalfall hatten wir in Australien kein Problem damit, unterwegs eine Waschmöglichkeit zu finden, vor allem wenn wir uns in Strandnähe befanden. Aber wir waren im Outback und hier war es alles andere als einfach, eine gute Waschmöglichkeit zu finden. Deshalb steuerten wir ab und zu Tankstellen an, die extra Duschen für Reisende und Trucker anboten. Jedenfalls sahen wir beim Reinfahren nach Kalgoorlie eine gute Duschmöglichkeit an einer BP-Tankstelle, die wir nutzen wollten.
Als wir die quietschende Tür der Tankstelle öffneten, lächelte uns bereits eine am Tresen stehende Frau mittleren Alters an und grüßte uns mit einem gebrochenen Akzent „How are we today?“. Wir antworteten daraufhin mit unserer Standardantwort „We are fine, and you?“ – und so kamen wir ins Gespräch. Anscheinend hatte sie Langeweile und erzählte uns ihr halbes Leben und was sie an einen abgeschiedenen Ort wie Kalgoorlie verschlagen hatte.
Die Frau und ihr Mann wanderten ursprünglich aus der alten Sowjetunion nach Kalgoorlie aus. Zwanzig Jahre war es her, sagte sie uns, als ihr Mann einen gut bezahlten Job als Ingenieur in einer der Goldminen bekam und sie die Entscheidung trafen, auszuwandern. An der Tankstelle würde sie nur arbeiten, um der Langeweile zuhause zu entkommen und am liebsten würde sie gerne in Perth leben. Aber da sie in Kalgoorlie bereits ein Haus gekauft und hier ihre Jobs hatten, werden sie weiterhin in Kalgoorlie bleiben. Die Frau wollte nicht aufhören zu erzählen, bis wir sie unterbrachen und nach der Dusche fragten.
„Natürlich könnt ihr duschen, kommt mit ich zeige euch alles“ sagte sie auf Englisch. Hinter der Tankstelle befand sich ein kleines Gebäude mit bezahlbaren Duschen. Sie sagte, diese Duschen werden von Reisenden und Truckern genutzt und sie persönlich sorge dafür, dass die Duschen sauber blieben. Daraufhin brachte sie uns noch Badetücher und meinte, dass wir uns beim Duschen so viel Zeit lassen sollten, wie wir benötigen würden.
Kaum waren wir frisch geduscht rausgekommen, brachte sie uns leckere Sandwichs auf einem Teller. Ein Ablehnen wäre bei dieser Frau sinnlos gewesen. Wir setzten uns auf eine Sitzbank und ließen uns die Sandwichs schmecken. Als wir fertig waren und für die Duschen und Sandwichs bezahlen wollten, wollte sie von uns kein Geld haben. Wir verabschiedeten uns dankend für ihre Gastfreundschaft. Im Nachhinein dachten wir, dass wir ziemlich fertig ausgesehen haben mussten, denn nur so konnten wir uns die überaus große Herzlichkeit dieser Frau erklären.
Golden Pipeline und der Transport des Wassers
Wenn wir schon in Kalgoorlie ausgiebig duschten, dann wollten wir auch wissen, woher das Wasser in dieser wüstenähnlichen Landschaft kam. Wir dachten zuerst, dass es hier einen Brunnen oder ähnliches gab, aber weit gefehlt. Es gab hier keine Brunnen! Denn in den Anfängen vor mehr als hundert Jahren musste das Wasser von Perth mit der Eisenbahn in Wagons nach Kalgoorlie transportiert werden und das war teuer. Heute kommt das Wasser immer noch aus dem entfernten Perth aus einem Staudamm, jedoch hat sich die Transportweise verändert. Das Wasser fließt heute durch eine 540 Kilometer lange Pipeline und es zählt zu den längsten Süßwasserrohren der Welt. Dadurch werden über 100.000 Menschen im Outback mit frischem Süßwasser versorgt. Erst durch diese Pipeline wurde das heutige Leben der Siedler im Outback möglich.
Kalgoorlie und der Goldrausch
Endlich waren wir in Kalgoorlie angekommen, dem Zentrum des Goldrauschs in Westaustralien. Diese Stadt zieht seit mehr als 100 Jahren, nämlich seit Patrick Hannan dort Gold fand und damit einen Goldrausch auslöste, Glücksritter aus aller Welt an. Damit hatte er auch den Grundstein für eine Goldgräbersiedlung gelegt, die 600 Kilometer östlich von Perth entfernt war. Jedenfalls lebten in Kalgoorlie etwa 30.000 Menschen, die aus aller Herrenländer hier ihr Glück versuchten.
Der Charakter der Stadt spiegelte genau das wieder, was man von einer Goldgräberstadt erwarten konnte. Es war eine raue, von hart arbeitenden Männern geprägte Stadt und wenn man durch die Straßen fuhr, dann säumten kleinere Spielkasinos, Banken, Luxusshops, Strip-Clubs, Pubs und Bordelle die Straßen. Viele Menschen sah man hier nicht, weil die meisten in den Minen arbeiteten. Zu diesem Eindruck kamen wir jedenfalls tagsüber. Nur hier und da saßen Aborigines in Grüppchen herum und vertrieben sich mit Gesprächen und Spielen die Zeit.
Irgendwann fanden wir einen Coles in der Stadt, in dem wir uns einige Produkte für den weiteren Road Trip besorgten. Danach fuhren wir auf eine kleine Anhöhe, von der aus man einen guten Überblick über einen Teil der Stadt und den am Horizont liegenden Super Pit hatte. Von dort schallten auch alle paar Stunden Sprengungen, die die Luft zerrissen und die man noch kilometerweit hören konnte.
Super Pit: Besuch in der viertgrößten Goldmine der Welt
Die Goldmine „Super Pit“ war nicht schwer zu finden, denn ihre Aufschüttungen sah man kilometerweit. Sie war der eigentliche Grund, warum wir nach Kalgoorlie kamen, denn wir wollten die viertgrößte Goldmine der Welt mit eigenen Augen erleben. Als wir dort ankamen, waren wir baff und verstanden erstmals, was es bedeutete, wenn Menschen Berge versetzen können. An diesem Ort wurde es einem mehr als bewusst. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus und man konnte es sich kaum vorstellen, welch gewaltige Transportleistungen hier tagtäglich vollbracht werden, um soviel Erde aus diesem Krater abzuschürfen. Das Loch hat eine Tiefe von 350 Metern und ist 3,5 Kilometer lang und 1,5 Kilometer breit. Man sagte uns, dass man den Uluru (Eyers Rock) hier verstecken könnte.
Als wir vor Ort etwas herumliefen, bemerkten wir, dass einige Asiaten sich riesig über Steine freuten, die sie am Boden sammelten. Das war natürlich ansteckend und wir dachten uns ebenfalls, dass es ja sein könnte, dass der eine oder andere Stein etwas Restgold übrig hatte. Und tatsächlich fanden wir Steine, die kleine Goldkörnchen hatten. So dachten wir jedenfalls. Das war aber kein Gold, sondern es war Pyrit, das auch in deutsch als Katzen- oder Narrengold bekannt ist. Das war uns aber egal, wir nahmen etwas Narrengold als Souvenir mit :-).
Nachdem wir genug Narrengold gesammelt hatten, begutachteten wir von einer Aussichtsplattform aus die Goldmine und die Sprengungen. Die Straßen führten wie eine Spirale in die Mine hinein, von wo aus häusergroße Laster die gesprengten Steine zur Weiterverarbeitung abtransportierten. Die Sprengungen schossen wie kleine Pilze aus dem Boden und verursachten einen gewaltigen Krach in der Mine. Irgendwie kam uns alles so unwirklich vor, da die Goldmine, die Laster, die Schaufeln und die Bagger so riesig waren.
Da wir noch etwas Zeit hatten, beobachteten wir noch weitere Sprengungen, bis wir zum Museum aufbrachen.
Museum of the Goldfields
Erstaunt von der Goldmine kamen wir im „Museum of the Goldfields“ an, um mehr über diesen Ort und die Goldmine zu erfahren. Das Museum befand sich direkt am alten Bergbau-Fahrstuhl. Im Museum selbst gab es verschiedene Ausstellungen, die sowohl Kunst und Attrappen von Goldfunden präsentierten als auch Lebensgeschichten der Goldsucher in Kalgoorlie und der Umgebung. Wir fanden vor allem die Lebensgeschichten sehr interessant und zugleich tragisch, da viele Goldsucher mit großer Hoffnung hierher kamen und nicht selten als arme Menschen ihr Leben hier ließen. Denn viele kamen aus dem Teufelskreis „Gold und schaufeln – schaufeln und Gold“ nicht mehr heraus.
In dem Museum lernten wir viel über die Goldsuche und deren Entstehung. Neben den ausgestellten echten Goldnuggets fanden wir auch die Quarzsteine, in denen man die Goldadern sehen konnte, wirklich beeindruckend. Schatzsucher und Geologen kommen hier sicherlich auf ihre Kosten.
In unmittelbarer Nähe befand sich zusätzlich ein kleines Dorf als Museum, das noch aus dem vorherigen Jahrhundert stammte. Wir waren erstaunt, wie gut alles erhalten war und wie die ersten Goldgräber hier gelebt haben mussten. Man konnte dort durch die Häuser laufen und sich alles in Ruhe anschauen. Es kam einem vor, als wäre man im wilden Westen gelandet.
Fazit zur Goldgräberstadt Kalgoorlie
Wir können einen Road Trip über Kalgoorlie mit Sicherheit weiterempfehlen, denn so versteht man Australien etwas mehr und lernt einen weiteren Grund kennen, warum viele Abenteurer aus der ganzen Welt nach Australien immigrierten. Außerdem erkennt man, welche Bodenschätze Australien besitzt, woher der Reichtum kommt und wozu Menschen in der Lage sein können, wenn ein Goldrausch, oder auch anders gesagt, die Habgier ausbricht.
Man sollte sich in Kalgoorlie die Super-Pit Goldmine nicht entgehen lassen und selbst etwas nach Gold suchen. Aber man sollte auch aufpassen, dass man dort nicht selbst vom Goldfieber gepackt wird und für immer im Outback stecken bleibt.
Nachdem wir Kalgoorlie verließen und Richtung Perth aufbrachen, dachten wir uns, wenn der Goldrausch und der Bergbau eines Tages verflogen sind, dann hat dieser Ort eine sehr gute Chance, zu einem zweiten Las Vegas im Outback zu werden.
Unsere Empfehlung zum Outback und dem Goldrausch
Eine gute australische Freundin hat uns gesagt, wer Australien verstehen möchte, der sollte sich den Film „RED DOG – Ein Held auf vier Pfoten“ anschauen! Der Film ist ein Mix aus Komödie und Drama und basiert auf einer wahren Begebenheit. Wir fanden den Film toll!
Wer nach Australien reist und durch das Outback einen Road Trip plant, der wird früher oder später Orte kreuzen, die nur wegen des Goldrauschs aufgebaut wurden. Australien ist immer noch das am wenigsten bewohnte Land der Erde und birgt immer noch viele Schätze, die Abenteurer anlocken. In Australien wurden zum Beispiel die größten Goldnuggets der Welt nicht selten von Amateuren gefunden. Dazu zählt zum Beispiel der „Welcome Stranger Nugget“ mit 72 Kilogram, der „Welcome Nugget“ mit 68 Kilogramm, der „The Hand of Faith“ mit 27 Kilogramm oder der in Kalgoorlie gefundene „Perth Mint Nugget“ mit 25 Kilogramm Gold. Der Goldnugget „The Hand of Faith“ wurde zum Beispiel von einem Pärchen mit einem einfachem Metalldetektor im Outback gefunden. Er wurde für mehr als 1 Million Dollar weiterverkauft. Wer mehr über das australische Goldfiber erfahren möchte, der sollte sich die zwei oberen Bücher mal durchlesen.
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Wie immer freuen wir uns über eure Erfahrungen und Kommentare.
Danke für den interessanten Beitrag! Ich habe bereits gelesen, dass man in Australien Goldsuchen geht. Erfahrung habe ich bereits bei der Goldsuche in der Schweiz gesammelt und das hat richtig spass gemacht. Seither hat mich der Goldrausch gepackt. 😀
Schöner Einblick. Man kann sich kaum noch vorstellen, wie wohl damals der Goldrausch war.