Am nächsten Tag konnte ich den Camper für unseren Roadtrip abholen. Ich übergab den Britzern die 5000 AUD Kaution, was bei der Dame am Schalter sogar ein Lächeln bewirkte. Anschließend bekam ich wortlos die Schlüssel für den Camper in die Hand gedrückt und nach einer kurzen Einweisung konnte ich mit dem Camper losfahren.
Mir fiel ein Stein vom Herzen als ich mit dem Campingmobil bei der Unterkunft ankam, denn wir mussten bis Mittag die Unterkunft verlassen haben. Lisa wartete bereits dort auf mich. Sie war in der Zwischenzeit beim Arzt gewesen, da sich ihre Entzündung, die einige Tage zuvor aus dem Nichts aufgetaucht ist, in ihrem Körper ausgebreitet hatte.
Sie erzählte mir, dass sie es bei drei Arztkliniken versuchen musste, bis sie in einer Praxis angenommen wurde. Die erste Klinik wollte 400 AUD von ihr im Voraus haben ohne dass sie den Arzt gesprochen hatte. Das nenne ich eine Anzahlung für nichts. Die zweite, zu der sie auf Empfehlung der ersten Klinik ging, war zwar speziell für Ausländer gedacht, hatte allerdings nur einige Tage die Woche geöffnet. Deshalb stand sie dort vor verschlossenen Türen mit ihrer Entzündung. Die dritte Arztklinik wollte sie nicht annehmen, aus welchen Gründen auch immer.
Erst bei der vierten Klinik hatte sie Erfolg. Die Sprechstundenhilfe hatte gleich Verständnis und nahm sie als erstes an die Reihe. Ein netter muslimischer Arzt verschrieb ihr anschließend die notwendigen Medikamente und berechnete auch nur 75 AUD für die sehr gründliche Behandlung. Gott sei Dank war die Entzündung mit einem Antibiotikum in den Griff zu bekommen, sonst wäre unser Roadtrip beendet gewesen, bevor es überhaupt begonnen hätte.
Da wir unseren Camper jetzt hatten und Lisa soweit startklar war, konnten wir endlich losfahren. Unser erstes Ziel war dabei nicht das australische Outback, sondern der nächste Aldi!
Dort deckten wir uns mit Proviant ein, welches uns für den ersten Streckenabschnitt reichen sollte. Die Aldis in Australien sind kaum von denen in Deutschland zu unterscheiden. Lediglich einige Produkte sind auf die Australier ausgerichtet. Ansonsten wird fast dasselbe verkauft. Wir besorgten uns einiges an Konservendosen, Brot, Nudeln, Reis, Keksen, Marmelade, Honig, Kaffee, Tee, frischem Gemüse, frischem Obst und natürlich viel Wasser.
Das Einzige, was uns noch fehlte, war ein zusätzlicher Wasserkanister, den wir aber im benachbarten Baumarkt bei Bunnings kaufen konnten. Dort nahmen wir auch gleich noch zwei Campingstühle und eine Axt mit. Eine Axt haben wir eigentlich immer auf unseren Roadtrips dabei. Damit können wir Feuerholz machen und im Notfall auch mal jemanden abschrecken.
Great Ocean Road und das Gedränge der Touristen
Nach unseren Besorgungen bei Aldi und Bunnings wollten wir am selben Tag noch die Hälfte der Great Ocean Road schaffen. Natürlich ist das prinzipiell etwas zu viel für einen Tag, aber wir wussten, dass man entlang der Great Ocean Road nur an wenigen Plätzen campen konnte. Deshalb mussten wir uns ein wenig beeilen. Viel verpassten wir unterwegs nicht, da wir die Great Ocean Road in der Vergangenheit schon einmal gefahren sind und die meisten Attraktionen kannten.
Jedenfalls war unser erster Stopp an dem berühmten Tor, an dem die Great Ocean Road offiziell beginnt. Dort drängelten sich wie immer viele Touristen, die unbedingt ein Bild vor dem hölzernen Tor knipsen wollten. Auch wir ließen uns die Attraktion nicht nehmen und knipsten ein Bild von uns an dem Tor.
Jedoch nervte uns das Gedränge an dem Tor so sehr, dass wir bereits nach einigen Minuten weiterfuhren. Schließlich gab es unterwegs noch eine Vielzahl an Möglichkeiten, um das eine oder andere Bild zu knipsen.
Die Strecke war insgesamt eigentlich gut zu fahren. Manchmal war die Straße etwas eng, dafür wurde man nach jeder Kurve mit einer tollen Aussicht auf den Ozean belohnt. Keine Frage, die Gegend ist wirklich schön. Viele Ortschaften gibt es unterwegs aber nicht. Nur einige kleine Häuser und ab und zu Campingplätze für die Übernachtungen.
Wir versuchen so oft es ging wild zu campen. Das würde ich in der gesamten Great Ocean Road-Gegend aber so niemandem empfehlen. Denn eigentlich ist es verboten und wenn man erwischt wird, kann es bis zu 300 AUD kosten.
Diese Erfahrung machten wir bereits einige Jahre zuvor, als wir es wagten, uns einfach nachts auf einen der vielen Parkplätze direkt am Ozean zu stellen und dort zu übernachten. Das ging mächtig schief! Denn am nächsten Morgen klopfte ein Ranger an unser Fenster und fragte uns, ob wir hier übernachtet hätten. Zuerst wollten wir uns aus der Sache herausreden. Doch wir merkten schnell, dass das nichts bringen würde, da er gleich nachlieferte und sagte, dass die Motorhaube von unserem Bus noch kalt sei. Und das um sechs Uhr morgens. Also blieb uns nichts anderes übrig als zu behaupten, dass es schon zu spät war, um abends einen anderen Schlafplatz zu suchen und wir so müde waren, dass wir uns einfach hierher stellten.
Er kaufte uns das natürlich nicht ab. Die Ausreden hatte er wahrscheinlich schon von hunderten anderen Touristen zuvor gehört. Wir versicherten ihm, dass wir über die Nacht den Platz sauber hielten und nichts vermüllt hatten. Wir hatten Glück, der Ranger war nett und zeigte Verständnis, gab uns aber mit auf den Weg, dass wir in solchen Touristenhochburgen doch lieber einen Campingplatz anfahren sollten, um einer Strafe zu entgehen. Wir waren total froh und machten uns schleunigst davon!
Bimbipark im Great Otway National Park
Diesmal waren wir schlauer und fuhren einen Campingplatz an, welchen wir mit Einbruch der Dunkelheit erreichten. Er hieß Bimbipark und befand sich im Great Otway National Park. Der Bimbipark lag ziemlich tief im Nationalpark und war von großen Bäumen umgeben. Wir suchten ihn vorher extra aus, weil es dort in der Umgebung viele wilde Koalas und Kängurus geben sollte.
Das Tolle war, dass wir unseren Zeitplan wieder eingeholt hatten und sich dadurch unsere Stimmung langsam wieder besserte. Das Theater mit dem Camper und dem Arzt gehörte fast schon der Vergangenheit an. Wir bemerkten langsam, dass wir wieder reisten. Dieses Gefühl verstärkte sich, als wir den Typen an der Rezeption des Bimbiparks sahen.
Er war wie Indiana Jones gekleidet und sah aus, als ob er frisch dem letzten Jurrasic-Park Streifen entsprungen wäre. Schade, dass ich kein Bild von ihm habe, um es euch zu zeigen, aber er hatte grün-braune Kleidung an, die aus kurzen Hosen bestand, einem Hemd mit vielen Taschen und einem Cowboyhut mit irgendwelchem Kram dran. Sein Drei-Tage-Bart, die gut genährten Backen und sein Grinsen machten die Erscheinung perfekt. Wäre ich ein Regisseur gewesen, hätte ich ihn als Schauspieler arrangiert.
Der Bimbipark hatte zum Zeitpunkt unserer Ankunft noch genügend Campingplätze frei und wir konnten uns von daher einfach einen Platz für die Übernachtung aussuchen. Für die Nacht auf dem Campingplatz bezahlten wir 40 AUD. Zwei Australische Dollar legten wir noch oben drauf für eine warme Dusche. Die Sanitäreinrichtungen wurden von allen Campern gemeinschaftlich genutzt.
Insgesamt war es im Bimbipark friedlich und ruhig. Leider fing es gegen Abend an zu regnen, aber das machte uns nicht allzu viel aus. Denn nach dem anstrengenden Tag wollten wir uns sowieso einfach nur noch in unserem Camper-Bett einkuscheln.
Zu Beginn der Reise mussten wir alles in allem zwei echt stressige Tage verbuchen. Doch es wurde von Tag zu Tag besser. Wir wussten, dass wir noch einige tausende Kilometer vor uns hatten und es sollte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis das Abenteuer einschlug.
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