Auf dem Fahrtweg zum Uluru kamen auch mit den ersten Sonnenstrahlen meist die Fliegen. Deshalb standen wir am nächsten Morgen ziemlich früh auf, frühstückten, duschten und machten uns für den Tag fertig, bevor das große Schwitzen und die Fliegenplage begannen.
Das Duschen war immer das Highlight am Morgen. Denn nicht nur das kalte Wasser aus der Flasche machte uns wach, sondern auch die immer mehr werdenden Fliegen.
Wenn uns einer gesehen hätte, hätte er bestimmt gedacht, dass wir verrückt sind. Zugegebenermaßen hätten wir das bei diesem Anblick auch keinem verübeln können. Wir hätten das Gleiche gedacht, wenn wir jemanden nackt vor dem Camper gesehen hätten, der sich mit der einen Hand mit Seife einschäumt und sich mit der anderen Hand das Wasser aus der Plastikflasche über den Kopf gießt, dazu kuriose Bewegungen macht und sich vor Lachen kaum halten kann. Immer wenn wir morgens duschten, waren wir die, die mit den Fliegen tanzten.
Frisch geduscht starteten wir fast jeden Morgen unsere Weiterfahrt. Am heutigen Tag mussten wir etwa 650 Kilometer bis zu unserem nächsten Rastplatz „Red Sand Dunes“ zurücklegen. Von dort aus wollten wir unsere Tour zum Uluru und den Olgas starten.
Unterwegs stoppten wir dreimal. Einmal an einer Tankstelle im Nirgendwo. Anschließend am Rastplatz an der Grenze zu dem Bundesstaat „Northern Territory“ und letztlich an der Tankstelle, bevor wir in Richtung Uluru abbogen. Wir versuchten unseren Benzintank immer voll zu halten und wollten es nicht riskieren, irgendwo im Outback stehen zu bleiben. Das Risiko war einfach zu groß und die Abschleppgebühren zu hoch.
Das Tanken ging meist zügig. Ausruhen konnten wir uns bei unseren Stopps allerdings kaum. Die Sonne stand hoch, es war verdammt heiß und herumsitzen und mit den Fliegen kämpfen, wollten wir einfach nicht. Obwohl wir uns extra Fliegennetze besorgten, die wir über den Kopf ziehen konnten, damit uns die Mücken nicht ins Gesicht oder in den Mund flogen, war ihr Gesumme so laut und nervig, dass wir es manchmal einfach nicht aushalten konnten und wollten. Zudem heizte sich der Camper, wenn wir standen so sehr auf, dass man das Gefühl hatte, lebendig gegrillt zu werden.
Da war Fahren einfach die angenehmere Alternative. Der frische Wind wehte durch die offenen Autoscheiben, die Fliegen blieben draußen und das Schwitzen hielt sich ebenfalls in Grenzen.
Das erfundene Grußspiel für unterwegs
Bei so langen Strecken gehen einem viele Gedanken durch den Kopf. Die weite Landschaft bringt einen zum Nachdenken über das Leben und die Welt. Um nicht immer nur unseren Gedanken nachzuhängen, erfanden wir mehr oder weniger aus Langeweile heraus ein Spiel.
Auf die Idee zum Spiel kamen wir, als wir bemerkten, dass uns die Menschen in den entgegenkommenden Fahrzeugen manchmal grüßen und manchmal nicht. Also dachten wir, wir könnten ein Spiel daraus machen. Es war sehr einfach. Jeder von uns schätzte, wie viele von den nächsten zehn entgegenkommenden Autofahrern uns grüßen werden. Ich schätzte zum Beispiel, dass die nächsten fünf von zehn Autofahrern uns grüßen werden. Lisa vermutete, dass die nächsten sechs von zehn Autofahrern uns grüßen werden. Das Spiel machte Spaß, denn bei jedem entgegenkommenden Fahrzeug stieg die Spannung aufs Neue. Wir grüßten immer. Die meisten entgegenkommenden Autofahrer winkten, hupten oder grinsten zurück. Leider waren auch einige Motzköpfe unter ihnen, die es mit dem Grüßen und der Freundlichkeit nicht so hatten. Insgesamt fanden wir durch das Spiel heraus, dass die LKW-Fahrer und die Backpacker am meisten grüßen.
Eine überlaufene Tankstelle und halb verdurstete Emus
Unsere letzte Tankstelle, an der wir auf dem Weg zum Uluru hielten, war knapp 200 Kilometer vom Ayers Rock entfernt. Hier tankten wir für 1,93 AUD pro Liter und machten eine kurze Toilettenpause. Es schien, als wäre hier die Zeit stehen geblieben. Nur ab und zu passierten andere Roadtrain-Fahrer die Tankstelle. Einige Camper hielten ebenfalls mit ihren Familien an und kauften ihren Kindern total überteuertes Eis bevor es weiter Richtung Uluru ging.
Ein Reisebus mit einer Schulklasse durfte dabei nicht fehlen. Dieser ließ die Kids die Tankstelle stürmen. Hysterischer Alleskauf war die Folge. Fliegenklatschen, Fliegennetzte, Eis, kalte Getränke, Süßigkeiten und Magazine wanderten im Akkordtempo über die Theke. Das ganze Treiben stand immer unter den Beobachtungen herumlungernder Aborigines, die sich im Schatten gemütlich machten und sich sichtlich über das Verhalten der Touristen amüsierten.
Die halb verdursteten Emus, die nicht wussten ob sie sich vor der heißen Sonne oder die lauten Menschen verstecken sollten, machten das Schauspiel perfekt.
Alles in allem war diese Tankstelle also eine willkommene Abwechslung. Wir setzten unsere Reise mit neuen Eindrücken fort und diskutierten unterwegs über die Emus, die wir dort gesehen hatten.
Aggressive Ameisen und die Suche nach einem Übernachtungsplatz
Nach einer Weile wurden die Sonnenstrahlen milder und der Abend deutete sich langsam an. Uns wurde klar, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit unser ursprüngliches Ziel nicht vor dem Uluru nicht erreichen werden und daher einen neuen Rastplatz suchen mussten. Wir entschieden uns dazu, unser Glück beim nächsten Ratsplatz zu versuchen.
Auf den ersten Blick sah er gut aus. Es gab eine Feuerstelle, der Rastplatz war weit genug von der Straße entfernt und Mülleimer gab es auch. Aber irgendetwas stimmte nicht. Ein so toller Rastplatz ohne einen einzigen Camper, das konnte nicht sein. Als wir ausstiegen, merkten wir, warum der Platz leer war. Der Boden war voller roter und aggressiver Ameisen. Wenn man nachts nicht von Ameisen gefressen werden wollte, dann hatte man hier nichts verloren.
Also fuhren wir einige Kilometer weiter und versuchten es bei dem nächsten Rastplatz. Hier hatten sich bereits zwei Camper breit gemacht, die bei uns Hoffnung weckten. Doch auch hier waren die Ameisen ein Problem. Beim Aussteigen empfingen uns tausende Fliegen, Insekten und Ameisen. Außerdem stank es fürchterlich. Der ganze Rastplatz war voller Fäkalien und stank wie eine Kloake. Wir suchten das Weite und hofften auf den „Red Dunes“-Rastplatz, der zu der Zeit noch etwa noch 100 Kilometer entfernt lag.
Unterwegs hielten wir nur kurz an einer Aussichtsplattform, um eine riesige Bergformation zu betrachten. Viele verwechselten den Mount Conner, den man von dort aus sehen konnte mit dem Uluru, da er auf den ersten Blick ähnlich aussah. Das war es aber nicht. Dennoch war der Anblick toll.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite konnte man noch einen Sandhügel hochklettern und von dort aus einen wunderschönen Sonnenuntergang über einem Salzsee bestaunen.
Da wir schon etwas müde waren, es immer dunkler wurde, immer mehr Kängurus herumhüpfte, und immer mehr Kühe plötzlich mitten auf der Straße standen, blieb uns nichts anderes übrig, als unsere Reise fortzusetzen und langsam zu fahren.
Denn das Letzte, was wir in diesem Moment noch hätten gebrauchen können, wäre es gewesen, in eine Kuh rein zufahren und unseren Camper zu verschrotten. Davon dass das hier oft passiert zeugen die vielen zurückgelassenen, halb verschrotteten Fahrzeuge am Straßenrand.
Die Red Dunes, unseren ersehnten Rastplatz, erreichten wir ohne Zwischenfälle. Einige Backpacker hatten sich hier bereits aufgestellt, das war ein gutes Zeichen. Als wir ausstiegen, sahen wir auch, dass es hier keine aggressiven Ameisen gab. Den Namen Red Dunes erhielt der Rastplatz wegen der Sanddünen, die man nach nur einigen Metern laufen besteigen konnte. Der Sand war rot und fein und die Aussicht auch nachts super.
Wir waren erleichtert, als wir müde im Bett landeten. Was ein langer Tag, dachten wir und freuten uns zu früh auf die Nacht. Der Britz-Camper heizte sich über den Tag so stark auf, dass es im Innenraum wie im Backofen war. Wir fluchten gemeinsam über den Britz-Camper, der nicht isoliert war. Doch es brachte nichts! Also stellten wir die Türen auf, damit die Luft zirkulieren und frischer Wind durchwehen konnte.
Das war allerdings keine gute Idee, denn die offenen Türen waren eine Einladung für tausende Insekten. Insekten, die ich vorher noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Wir knallten die Fahrzeugtüren wieder zu, schalteten das Licht ein und klatschten die Insekten tot. Das Licht war ein Anziehungsmagnet für tausende neue Insekten. Diese schafften es glücklicherweise nur noch an unsere Scheiben. Bloß keine Tür mehr öffnen, sagten wir zu uns. Nach dem kurzen Intermezzo schalteten wir das Licht wieder aus.
Ein kleines Seitenfenster mit Fliegenschutz brachte uns ein wenig frische Luft in das Fahrzeug. Wir lagen schwitzend auf unseren Matratzen, hechelten nach Luft und warteten, bis sich der Camper abkühlte um endlich in Ruhe die Augen schließen zu können.
Einige Minuten später fing es an zu donnern. Gott sei Dank es regnet bestimmt gleich, dachten wir, doch wir freuten uns zu früh. Es donnerte zwar, aber kein Tropfen war zu hören, stattdessen lag Rauch in der Luft, der immer stärker wurde. Das Atmen fiel jetzt noch schwerer als vorher. Das kann doch nicht wahr sein, dachten wir uns.
Ich verließ das Fahrzeug und begab mich auf die Sanddüne, auf der ein anderer schlafloser Camper ebenfalls stand und in die Ferne schaute. Von dort aus erkannte ich, dass es in der Ferne stark brannte. Der Himmel war feuerrot. Das riesige Feuer war zwar kilometerweit weg und wir waren davor sicher, aber die Asche kam dennoch zu uns geweht. Wie Schneeflocken fiel die Asche über uns und unseren Camper. Der Spuk hielt lange an, doch mitten in der Nacht war er dann vorbei. Die verbleibenden Stunden schliefen wir tief und fest. Der vorherige Tag hatte es gefordert.
weiterlesen… Tag 9 – Die Umrundung von Uluru